Erfahre was der ökologische Fußabdruck ist und wie du deinen eigenen verbessern kannst, indem du Fragen zu Konsum, Ernährung, Mobilität und Wohnen beantwortest.
von Christian Walther
aktual. am 04.03.22
Lesezeit: 5-6 min

Jeder Mensch auf der Erde verbraucht für seinen alltäglichen Lebensstandard natürliche Ressourcen, welche in unserem Ökosystem allerdings nur begrenzt zur Verfügung stehen. Pro Jahr verbraucht die gesamte Menschheit momentan deutlich mehr an dieser biologischen Kapazität als global überhaupt vorhanden ist.

Der Ökologische Fußabdruck ist ein Indikator, um das Verhältnis der benötigten und der vorhandenen Biokapazität global, national und persönlich messbar zu machen.

Doch wie funktioniert das Konzept des Ökologischen Fußabdrucks, wie wird er berechnet, welche Vor- und Nachteile gibt es, wie steht es im Vergleich mit anderen Ländern und wie kannst du ganz einfach deinen persönlichen Fußabdruck erstellen? Wir haben die Antworten! 

Was ist der Ökologische Fußabdruck?

Das Konzept des Ökologischen Fußabdrucks wurde 1994 von Dr. Mathis Wackernagel (Schweiz) und Prof. William Rees (Kanada) entwickelt, um eine zentrale Frage zu beantworten:

Wie viel Biokapazität nutzt die Menschheit für ihre Aktivitäten und wie viel steht dauerhaft zur Verfügung?

Mathis Wackernagel gründete 2003 das Global Footprint Network, welches bis heute alle Daten des ökologischen Fußabdrucks ermittelt und jährlich veröffentlicht, aber auch die Methodik ständig verfeinert. 

Auch wenn durch die immer bessere Datenlage die Berechnungen des Ökologischen Fußabdrucks immer genauer werden, hat das Konzept keinen Anspruch hundertprozentig exakte Ergebnisse zu liefern. Jeder Fußabdruckrechner ist also immer nur eine Schätzung!

Dass der ökologische Fußabdruck der Menschheit, eines Landes oder sogar eines einzelnen Individuums messbar gemacht wird und somit auch eine Entwicklung im Laufe der Zeit vergleichbar macht, ist die große Stärke dieses Konzepts. Später gehen wir auch noch näher auf die Stärken und Schwächen ein.

Wie wird verfügbare und verbrauchte Biokapazität berechnet?

Um zu errechnen, ob jährlich ein Defizit oder ein Überschuss an biologischer Kapazität vorliegt, wird die verbrauchte Biokapazität - also der Ökologische Fußabdruck - von der verfügbaren Biokapazität abgezogen:

verfügbare Biokapazität
[minus] verbrauchte Biokapazität
[gleich] Defizit oder Überschuss

Ist das Ergebnis positiv, so liegt ein Überschuss vor, da weniger Biokapazität verbraucht wird als vorhanden ist. In diesem Fall könnte also unser Ökosystem den Verbrauch der Menschheit ausgleichen.

Bei einem negativen Ergebnis liegt ein Defizit vor und unser Ökosystem kann unseren Verbrauch nicht ausgleichen. Jährlich betrachtet verbrauchen wir in diesem Fall schon vor Jahresende unsere zur Verfügung stehenden Ressourcen, was auch als Earth Overshoot Day bezeichnet wird.

  • Wie wird die verfügbare Biokapazität errechnet?
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    Zuerst wird die weltweit pro Jahr zur Verfügung stehenden Biokapazität ermittelt, in dem alle biologisch produktiven Flächen erfasst und in folgende Kategorien eingeteilt werden:

    • Ackerland
    • Weideland
    • Waldflächen
    • Fischgründe
    • bebaute Fläche

    Da die verschiedenen Flächen unterschiedliche Eigenschaften haben, nehmen sie auch unterschiedlich Einfluss auf die Biokapazität. Ackerland eignet sich zum Beispiel sehr gut um Nahrungsmittel anzubauen und Waldflächen binden besonders gut Kohlendioxid. Aus diesem Grund erhalten die Kategorien eine zusätzliche qualitative Komponente und das Flächenmaß Hektar kann in sogenannte Globale Hektar umgerechnet werden.

    Die verfügbaren Globalen Hektar werden anschließend durch die Anzahl der auf der Welt lebenden Menschen geteilt, um Globale Hektar pro Person zu erhalten.

  • Wie wird die verbrauchte Biokapazität errechnet?
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    Als erstes wird die global verbrauchte Biokapazität ermittelt, in dem jeglicher Verbrauch der Menschheit in folgende Bereiche zusammengefasst wird:

    • Ernährung
    • Wohnen
    • Mobilität
    • Konsum
    • Sockel

    Der Sockel stellt dabei unter anderem öffentliche Straßen, Infrastruktur, Gebäude, Verwaltung, Schulen oder Kindergärten dar.

    Für die Berechnung werden verschiedene Kennzahlen aus der globalen Wirtschaft herangezogen, wie zum Beispiel verbrauchte fossile Brennstoffe, hergestellte Textilien, angebaute Nahrung, Neuzulassung von Fahrzeugen oder geflogene Kilometer. Der gesamte Konsum wird nun in Globale Hektar umgerechnet, in dem unter anderem analysiert wird wie viel Ackerland benötigt wird, um alle Nahrungsmittel anzubauen, oder wieviel Waldfläche benötigt wird, um das zu viel ausgestoßene Kohlendioxid zu binden.

    Werden die gesamten Globalen Hektar wiederum durch die Anzahl der auf der Welt lebenden Menschen geteilt, wird das Ergebnis in Globale Hektar pro Person angegeben.

    Bild
    Diagramm mit der CLUM-Verteilung in Deutschland 2017

Der ökologische Fußabdruck im globalen Vergleich

Mit den aktuell aus dem Jahr 2017 vorliegenden Zahlen, welche als Datenpaket vom Global Footprint Network bereitgestellt werden, haben wir ein Übersicht mit den wichtigsten Kennzahlen und beispielhaften Regionen für euch erstellt:

verfügbare Biokapazität

Region gesamte Region in mio gha pro Person in gha benötigte Erden
Global 12.066,0 1,60 1,00

 

verbrauchte Biokapazität

Region gesamte Region in mio gha pro Person in gha benötigte Erden
Global 20.926,0 2,77 1,73
EU 2.326,7 4,61 2,88
Quatar 38,9 14,72 9,20
USA 2.610,0 8,04 5,02
Deutschland 386,0 4,70 2,93
China 5.350,0 3,71 2,31
Eritrea 2,5 0,51 0,31

Schlussfolgerungen aus dem Zahlenwerk:

  • Die gesamte Menschheit hat 1,73 Erden für ihren kompletten Verbrauch in 2017 benötigt. Der Earth Overshoot Day war somit am 2. August 2017, an dem die Menschheit die jährlich zur Verfügung stehenden Biokapazität aufgebraucht hat.
  • Wenn jeder Mensch so leben würde wie in Qatar, gäbe es ein massives Defizit und wir bräuchten mehr als neun Erden. Wenn jeder Mensch so leben würde wie in Eritrea, gäbe es einen großen Überschuss und wir bräuchten nur ein Drittel der Erde.
  • Deutschland liegt beim Verbrauch pro Person in etwa im europäischen Durchschnitt, liegt aber beim globalen Vergleich fast doppelt so hoch.
  • Obwohl der pro Kopf Verbrauch in China deutlich kleiner als in den USA ist, verbraucht China insgesamt - aufgrund der riesigen Bevölkerung - mehr als doppelt so viel wie die USA.

Welche Stärken und Schwächen hat der Ökologische Fußabdruck?

Das Umweltbundesamt hat 2007 eine Studie veröffentlicht, welche den Indikator 'Ökologischer Fußabdruck' kritisch untersucht und qualitativ bewertet hat. Die Stärken und Schwächen sind hier sehr gut beschrieben, welche wir kurz und übersichtlich zusammengefasst haben:

  • Stärken
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    • ideal für die Vermittlung von ökologischer Nachhaltigkeit und der physischen Begrenztheit unseres Planeten Erde
    • bislang der einzige Ressourcenindikator mit weltweiten Vergleichsdaten aller Länder in einer Zeitreihe
    • ausgezeichnet für Kommunikations- und Bildungszwecke, da hochkomplexe Zusammenhänge zwischen Konsumaktivität und Belastung des Ökosystems einfach und verständlich dargestellt werden können
    • einwandfrei für relative Vergleiche geeignet, da für die Ermittlung und Auswertung der Daten weltweit die gleiche Methode angewendet wird und somit ein hohe Konsistenz besteht
  • Schwächen
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    • national ungenauer als auf internationaler Ebene, da von den einzelnen Ländern Daten in unterschiedlicher Weise erfasst werden und somit nicht homogen sind
    • nicht auf alle biologischen Faktoren anwendbar, wie zum Beispiel:
      • Atomenergie geht nur zu einem Bruchteil in die Berechnung mit ein. Folgen atomarer Unfälle oder der Lagerung des Atommülls werden nicht berücksichtigt.
      • Ozeane als natürliche Kohlendioxid-Depots werden zwar berücksichtigt, allerdings nicht die Folgen der dadurch resultierenden Versauerung.
      • Monokulturelle Landwirtschaft schneidet besser ab, da sie 'effektiver' als ökologischer Landbau ist.
      • Nichterneuerbare Ressourcen wie Kupfer, Zinn, Kohle oder Erdöl fließen nicht in die Methodik ein. Fossile Energieträger sind dabei allerdings ein Sonderfall, da ihr CO2 Ausstoß wiederum wesentlicher Bestandteil der Methodik ist.

Sehr positiv ist uns aufgefallen, dass durch das Global Footprint Network selbst ein sehr ausführliches Dokument veröffentlicht wurde, in dem die Grenzen als auch die Kritik der Methode sehr offen kommuniziert wird.

Unser Fazit

Wer seinen persönlichen Fußabdruck schätzen möchte, kann mittlerweile auf mehrere Angebote im Netz zurückgreifen. Alle Fußabdruck-Rechner beinhalten Fragen aus den Bereichen Ernährung, Wohnen, Mobilität und Konsum, unterscheiden sich aber deutlich in ihrer Komplexität. Bei komplexen Rechnern werden zum Beispiel Energieausweis, Stromrechnung oder Fahrzeugschein benötigt und bei einfachen Rechnern können Antworten ganz leicht geschätzt werden.

Wir haben für euch einen ganz einfachen Fußabdruck-Rechner gebastelt und uns dabei an dem Rechner von 'Brot für die Welt' orientiert, da uns sein simpler und klarer Aufbau überzeugt hat.